Pay The Writer! Verhandlungstipps für Kreative

Einen der sehenswertesten Wutausbrüche eines Kreativen lieferte der Pulp-Fiction-Autor Harlan Ellison in seiner Filmbiographie »Dreams with Sharp Teeth« aus dem Jahre 2008.

 

Sichtlich aufgewühlt berichtete er von einem Anruf einer Mitarbeiterin von Warner Brothers: Sie bat um seine Zustimmung zur Verwendung eines früheren Interviews für das Bonusmaterial einer DVD, das Einblicke in die Entstehung von »Babylon 5« gewährte, einer Serie, an der Ellison als Berater beteiligt war.

 

Cross my Palm With Silver!
Auf die Anfrage, ob Warner Brothers das Interview nutzen dürfe, antwortete Ellison bestimmt:

 

»Absolut. Alles, was Sie tun müssen, ist, mich zu bezahlen.«

 

Diese einfache Forderung schien die Anruferin zu überraschen, sie erwiderte, »alle anderen machen es umsonst« und dass es »gute Publicity« sei.

Ellison konterte: »Bekommen Sie ein Gehalt? Bekommt Ihr Boss ein Gehalt?

 

Bezahlen Sie den Filmtechniker? Bezahlen Sie den Kameramann? Bezahlen Sie die Cutter? Bezahlen Sie die Helfer, die Ihr Zeug auf den Lastwagen schleppen?

 

Würden Sie zur Tankstelle fahren und darum bitten, Ihnen kostenlos Benzin zu geben? Würden Sie zum Arzt gehen und verlangen, dass er Ihre Milz umsonst entfernt?«

»Cross my palm with silver, and you can use my interview … I don’t take a piss without getting paid for it.«

Ellison bringt es auf den Punkt: Kreative Arbeit hat einen Wert, und dieser Wert muss respektiert und angemessen entlohnt werden.

Wie die Verve von Harlan Ellison schon verrät: Die Realität sieht anders aus. Das liegt einerseits an den Erwartungen der Kunden, oft auch an den Kreativen selbst. Kreative sind – man entschuldige meine Wortwahl – lausige Verhandler, wenn es um ihre eigenen Arbeiten geht!

 

Warum sind Kreative oft lausige Verhandler?
Es gibt viele Gründe, warum Kreative, wie Designer, bildende Künstlerinnen, Autoren, Musikerinnen, Fotografinnen, Schauspieler, Illustratorinnen, Tänzerinnen, Texter oder Grafiker, oft als ungeschickte Verhandler beim Verkauf ihrer Dienstleistungen und Arbeiten gelten:

  • Leidenschaft und Emotionalität: Kreative sind oft leidenschaftlich und emotional mit ihrer Arbeit verbunden. Dies kann dazu führen, dass sie Schwierigkeiten haben, objektiv über den Wert ihrer Leistungen zu verhandeln. Sie neigen dazu, ihre Arbeit zu lieben und könnten dazu geneigt sein, Kompromisse bei den Honoraren einzugehen, um sicherzustellen, dass ihre kreative Vision umgesetzt wird.
  • Fehlende betriebswirtschaftliche Erfahrung: Viele Kreative haben eine Ausbildung im künstlerischen Bereich, aber möglicherweise weniger Erfahrung im Bereich Geschäftsführung und Verhandlung. Das Fehlen betriebswirtschaftlicher Kenntnisse kann dazu führen, dass sie sich unsicher fühlen, wenn es um die Festlegung von Preisen und um Verhandlungen geht.
  • Selbstkritik und Unsicherheit: Kreative sind oft selbstkritisch und unsicher in Bezug auf ihre Arbeit. Diese Unsicherheit kann dazu führen, dass sie bereits bei Verhandlungen gegen sich selbst argumentieren, indem sie potenzielle Einwände des Kunden vorwegnehmen und preemptive Zugeständnisse machen.
  • Mangelnde Kenntnis des Marktes: Einige Kreative könnten möglicherweise nicht gut informiert darüber sein, was der Markt für ihre Dienstleistungen hergibt. Ohne ein klares Verständnis der branchenüblichen Preise und Verhandlungsstrategien könnten sie Schwierigkeiten haben, angemessene Honorare festzulegen.
  • Fokussierung auf die kreative Seite: Kreative konzentrieren sich oft mehr auf die künstlerische und gestalterische Seite ihrer Arbeit als auf die geschäftlichen Aspekte. Dies kann dazu führen, dass sie bei Verhandlungen weniger auf geschäftliche Faktoren eingehen und sich stattdessen auf die künstlerischen Aspekte konzentrieren.
  • Angst vor Ablehnung: Kreative können Angst davor haben, dass ihre Preise oder Bedingungen vom Kunden abgelehnt werden. Diese Angst vor Ablehnung kann dazu führen, dass sie zu schnell nachgeben, um Konflikte zu vermeiden.

Es ist wichtig, dass Kreative sich bewusst machen, dass ihre Fähigkeiten und ihre künstlerische Vision einen realen Wert haben und dass sie in der Lage sind, fair für ihre Dienstleistungen zu verhandeln. Schulungen in Geschäftsführung und Verhandlungsfähigkeiten können dazu beitragen, diese Herausforderungen zu überwinden.

 

Lassen Sie sich nicht über den Tisch ziehen!
Was können Sie nun tun, um sich als Kreative oder Kreativer bestmöglich zu verkaufen und auf harte Verhandlungen vorbereitet zu sein?

  • Kenntnis des eigenen Wertes: Verstehen Sie den Wert Ihrer kreativen Dienstleistungen und wie sie sich im Markt positionieren. Recherchieren Sie branchenübliche Preise, um sicherzustellen, dass Sie angemessene Honorare verlangen.
  • Klare Kommunikation: Entwickeln Sie klare und prägnante Botschaften, um den Wert Ihrer Arbeit zu kommunizieren. Konzentrieren Sie sich nicht nur auf die kreative Seite, sondern betonen Sie auch, wie Ihre Dienstleistungen die Ziele des Kunden unterstützen.
  • Vorbereitung auf Einwände: Antizipieren Sie mögliche Einwände und entwickeln Sie im Voraus überzeugende Antworten. Dies gibt Ihnen Selbstvertrauen während der Verhandlung und zeigt, dass Sie gut vorbereitet sind.
  • Festlegung klarer Grenzen: Definieren Sie im Voraus klare Grenzen für Verhandlungen, sei es in Bezug auf Preis, Lieferzeit oder andere Bedingungen. Dies hilft Ihnen, während der Verhandlung standhaft zu bleiben.
  • Schaffen Sie Optionen: Stellen Sie mehrere Optionen oder Pakete bereit, um Flexibilität zu zeigen. Dies ermöglicht dem Kunden, Entscheidungen zu treffen und vermittelt den Eindruck, dass Sie bereit sind, gemeinsam nach Lösungen zu suchen.
  • Selbstbewusstsein zeigen: Zeigen Sie Selbstbewusstsein in Ihrer Verhandlung, um den Eindruck zu vermitteln, dass Sie von der Qualität Ihrer Arbeit überzeugt sind. Selbstbewusstsein kann Vertrauen beim Kunden aufbauen.
  • Kundenbedürfnisse verstehen: Hören Sie aufmerksam zu und verstehen Sie die Bedürfnisse und Ziele des Kunden. Zeigen Sie, wie Ihre kreativen Fähigkeiten direkt zur Lösung seiner Probleme beitragen können.
  • Verhandlungsspielraum bewusst nutzen: Wenn Sie Zugeständnisse machen müssen, tun Sie dies bewusst und im Austausch gegen etwas Wertvolles. Vermeiden Sie es, zu schnell nachzugeben, und halten Sie Ihre wichtigsten Punkte im Auge.
  • Langfristige Beziehungen priorisieren: Betrachten Sie Verhandlungen als Möglichkeit, langfristige Kundenbeziehungen aufzubauen. Ein fairer und respektvoller Umgang legt den Grundstein für eine nachhaltige Zusammenarbeit.
  • Verhandlungstrainings absolvieren: Wenn möglich, nehmen Sie an Verhandlungstrainings teil, um Ihre Fähigkeiten zu verbessern. Dies kann Ihnen mehr Selbstvertrauen und Werkzeuge für erfolgreiche Verhandlungen geben.

Und last but not least: Oft ist es besser, nicht selbst in eigener Sache zu verhandeln. Dazu braucht man nicht unbedingt eine Agentin oder einen Galeristen. Bitten Sie eine Kollegin oder einen Kollegen, Sie bei Verhandlungen zu repäsentieren. Im Gegenzug können Sie sich für sie oder ihn ins Zeug legen.